Peter Götz, MdB

Rede

Berlin, 22.05.2003 - Deutscher Bundestag

 

1. Lesung zum Gesetz zur Änderung des Baugesetzbuches - § 246

 

Sehr geehrte Damen und Herren ,

 

Das Baugesetzbuch ist die Grundlage für die kommunale Planungshoheit in Deutschland. Es ist ein gutes Gesetz und hat sich in den Grundzügen bewährt. Deshalb sollte am Bau- und Planungsrecht nicht ständig herumgefummelt werden.

 

Es ist schlimm genug, dass die rot-grüne Bundesregierung bei der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik oder im Steuerrecht ständig Zick-Zack fährt.

 

Das wollen wir von der CDU/CSU im Baurecht nicht !
Wir sind für Kontinuität und Planungssicherheit vor allem im Interesse der genug gebeutelten Kommunen, die das Baugesetzbuch anwenden müssen.

 

Sehr geehrte Damen und Herren ,

das heißt aber nicht, dass kein Handlungsbedarf besteht.
Im Gegenteil. Es wird höchste Zeit, dass die rot-grüne Bundesregierung ihren internen Streit zwischen Bau- und Umweltministerium beendet und den wiederholt angekündigten Gesetzentwurf zur Novellierung des Baugesetzbuches und zwar als Gesamtkonzept auf den Tisch legt.

 

Wir wollen, dass den Worten endlich Taten folgen, denn in einigen Bereichen des Baurechts brauchen wir dringend Änderungen:

· Oberstes Ziel muß sein: Deregulierung, Verfahrens-Vereinfachung und Verfahrensbeschleunigung – und damit Bürokratieabbau.

· Wir wollen, dass europäisches Recht in das bewährte Bauleitplanverfahren so integriert wird, damit klare handhabbare und praxisgerechte Vorgaben für die Kommunen sichergestellt werden.

 

Aber
· wir wollen nicht, dass über die europäischen Forderungen und die bestehenden Regelungen hinaus neue Hindernisse und Hemmnisse – wie Qualitätssicherungen der Umweltberichte erfunden oder aufgebaut werden.

· Wir sollten viellmehr die notwendige Novellierung des Baugesetzbuches als Chance nutzen, das bestehende Recht weiter zu entrümpeln.

 

Die bei der letzten Baugesetzbuch-Novelle vor 7 Jahren vorgeschlagenen und im Vermittlungsverfahren leider hängen gebliebenen Verfahrenserleichterungen sollten wir jetzt gemeinsam durchsetzen. Wir von der Union sind dazu bereit.

 

Warum brauchen wir für die Teilung von Grundstücken eine behördliche Genehmigung ? - um nur ein Beispiel zu nennen.

 

Die Teilungsgenehmigung, die hohen bürokratischen Aufwand erfordert, kann von mir aus sofort ersatzlos gestrichen werden.

 

Und so gibt es eine Reihe von Möglichkeiten, wo wir mit Bürokratieabbau Ernst machen können.

 

Im Sommer vergangenen Jahres haben zwei unabhängige Expertenkommissionen zum Baurecht und zur Bodenordnung viele gute Vorschläge gemacht. Inzwischen ist fast ein Jahr vergangen – und bis heute liegt noch kein Regierungsentwurf auf dem Tisch.

 

Ich bin gespannt, ob es diesen Expertenkommissionen genau so geht, wie den vielen anderen rot-grünen Regierungskommissionen, die in den letzten Jahren als reine Alibiveranstaltung eingesetzt wurden. Das wäre sehr bedauerlich. Denn beide Gutachten beinhalten viele gute Ansätze.

 

· Wir müssen uns aus unterschiedlichen Gründen mit dem Bauen im Außenbereich befassen. Dazu gehört, Herr Kollege Goldmann, das Wohnen in ehemals landwirtschaftlichen Gebäuden oder die Fragen nach weiteren Privilegierungen für Biogasanlagen bei der gewerblichen Tierhaltung.

 

· Wir brauchen auf der Basis der Flächennutzungspläne mehr Flexibilität für kommunale Entscheidungen.

 

Die Städte und Gemeinden sollten bei der Aufstellung eines Flächennutzungsplans Baugesuche zurückstellen können, um so ihre Planungsphase abzusichern. Eine solche Regelung erscheint vor allem im Zusammenhang mit der Privilegierung von Windenergieanlagen interessant.

 

· Wir sollten bei besonderen städtebaulichen Situationen über die zeitliche Befristung von kommunalen
Entscheidungen nachdenken. Das wäre vor allem für die Umnutzung städtebaulicher Brachen interessant und könnte der weiteren Gefahr von Leerständen begegnen, einem Thema, das vor allem für die neuen Länder von
Interesse ist.

 

· Wir sollten das Städtebaurecht durch weitere Vertragsrechte ergänzen, so dass es flexibler gehandhabt werden kann.

 

Aus der vorletzten Wahlperiode gibt es darüber hinaus einen Auftrag des Parlaments an die Bundesregierung die Baunutzungsordnung einer besonderen Prüfung zu unterziehen und Vorschläge zu erarbeiten. Leider liegt bis heute noch nichts vor.

Deshalb unsere Forderung:

 

Machen Sie Schluß mit den ständigen Ankündigungen und legen Sie dem Parlament Ihre Vorschläge ganz konkret auf den Tisch, damit wir mit den parlamentarischen Beratungen beginnen können.

 

Wir sind gespannt, was Sie uns präsentieren werden. Uns interessiert zum Beispiel, ob Sie zur Befriedigung bestimmter linker Kreise neben den Neidsteuern wie Vermögens- oder Erbschaftssteuer wieder die alte Planwertabschöpfung aus der sozialistischen Mottenkiste ausgraben.

 

Da kann ich Ihnen heute schon deutlich sagen: Planwertabschöpfung oder andere bürokratische Monster, die mehr kosten als sie bringen, sind mit der CDU/CSU-Bundestagsfraktion nicht zu machen. Wenn Sie Interesse an einer fraktionsüber-greifenden Zusammenarbeit haben, bitte ich Sie jetzt schon: Lassen Sie diese Spielereien am besten gleich weg.

 

Ich möchte auch davor warnen, die bei der letzten Novelle einvernehmlich gefundene Lösung bei der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung wieder aufzugreifen. Hier besteht kein Handlungsbedarf. Die jetzige Regelung hat sich in der Praxis bewährt.

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

lassen Sie mich noch einen weiteren Bereich ansprechen, der mir hier wichtig erscheint. Es geht um die Fortentwicklung des Rechts der Bodenordnung:

 

Das bestehende Umlegungsrecht hat sich in der Praxis ebenfalls bewährt. Bewährtes sollte nicht ohne Not geändert werden. Trotzdem gibt es einige Bereiche, wo die Verfahren vereinfacht werden können, um sie praxistauglicher zu machen.

 

· Zum Beispiel kann durch eine frühzeitige Beteiligung der Grundstückseigentümer im Planungsverfahren Unsicherheit abgebaut werden.

 

· Oder: Warum müssen freiwillige Umlegungen, die viel schneller gehen, steuer- und abgabenrechtlich schlechter gestellt werden, als amtliche Umlegungen ?

 

· Heute scheitern einvernehmliche Regelungen zwischen und mit den Umlegungsbeteiligten oft daran, dass zum Beispiel amtliche Umlegungen grunderwerbssteuerfrei sind und bei freiwilligen Umlegungen 3,5% Grunderwerbssteuer erhoben werden. Diese Ungleichbehandlung gehört beseitigt.

 

· Wir alle wollen innerstädtisches Bauen gegenüber dem Bauen auf der „grünen Wiese“ stärken. Deshalb sollten wir Umlegungen auch bei innerörtlichen Gebieten nach § 34 zulassen.

Der Katalog ließe sich beliebig fortsetzen. Sie sehen, es ist in einigen Bereichen Novellierungsbedarf.

 

Unser Ziel als CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist es, das Baugesetzbuch nicht ständig sondern in dieser Legislaturperiode einmal in die Hand zu nehmen – aber dies möglichst schnell.

 

Leider herrschen in Deutschland aufgrund der miserablen rot-grünen Politik und wegen mangelnder Entscheidungsfreude der Regierung Schröder Lähmung und Stagnation. Echte Investitionen finden nicht mehr statt.

 

Deshalb bitte ich Sie, kommen Sie mit einem Gesetzentwurf endlich aus ihren Startlöchern, damit notwendige Planspiele mit geeigneten Kommunen durchgeführt und die parlamentarische Beratung auf den Weg gebracht werden kann. Die Zeit dafür ist mehr als reif.

 

Wir bieten Ihnen eine konstruktive Mitarbeit an, denn wir wollen, dass es in Deutschland endlich wieder aufwärts geht. Vielen Dank!