Peter Götz, MdB

Rede

Berlin, 09.11.2007 - KPV Bundesvertreterversammlung 2007

 


Eröffnung des Kommunalkongresses 2007
"Aktive Kommunalpolitik für mehr Beschäftigung"

 

 

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel,
liebe Kolleginnen und Kollegen aus dem europäischen Parlament, dem Deutschen Bundestag und den Landtagen,
meine sehr geehrten Damen und Herren, Oberbürgermeister, Bürgermeister, Landräte,
liebe Freunde, verehrte Gäste,

 

es ist schön, dass Sie unsere Einladung angenommen haben und in die deutsche Hauptstadt nach Berlin gekommen sind. In der großen kommunalen Familie heiße ich Sie sehr herzlich willkommen.

 

Wir wollen heute und morgen deutlich zeigen, dass ohne starke Kommunen kein Staat zu machen ist. Das Thema, mit dem wir unseren Kommunalkongress eröffnen wollen lautet "Mit starken Kommunen ein starkes Europa".

 

Dazu haben wir einen besonderen Gast eingeladen. Wir freuen uns, dass Sie, Herr Dr. Schüssel, als langjähriger erfolgreicher österreichischer Regierungschef und heutiger Clubobmann der Österreichischen Volkspartei zu uns sprechen werden. Seien Sie herzlich willkommen bei den Kommunalen der Christlich Demokratischen und Christlich Sozialen Union Deutschlands!

 

Wir haben uns über Ihre Zusage sehr gefreut. Sie bestätigt die enge Verbundenheit unserer Parteien und ihrer Führungspersönlichkeiten in Österreich und Deutschland.

 

Unter Ihrer Verantwortung hat Österreich es nach der großen Koalition geschafft, sich in Europa als ein modernes soziales und wettbewerbsfähiges Land zu positionieren, Ziele an denen wir in Deutschland intensiv und inzwischen auch erfolgreich arbeiten.

 

Wir, als Vertreter kommunaler Bürgerinteressen sind sehr gespannt, was Sie aus der Sicht Ihres Landes und aufgrund Ihres großen Erfahrungsschatzes zu berichten wissen. Danke für Ihr Kommen!

 

Meine Damen und Herren,

 

Der 9. November ist für uns mehrfach von historischer Bedeutung. Er wird oft als Schicksalstag der Deutschen apostrophiert, weil dieses Datum für mehrere Wendepunkte in der deutschen Geschichte steht.

 

Lassen Sie mich an zwei besonders schicksalsträchtige Ereignisse in unserer jüngeren Geschichte erinnern:

• Am 9. November 1938 war der Höhepunkt der Novemberpogrome. Nationalsozialisten steckten Synagogen in Brand. Die Reichspogromnacht war das Fanal zur Ausgrenzung der jüdischen Bevölkerung, die in die systematische Ermordung der Juden in Europa mündete. Ein grausamer Krieg mit viel Leid folgte. Wir sollten uns immer wieder daran erinnern.

• Es gab in unserer jüngsten Geschichte aber auch ein freudiges Ereignis. Am 9. November 1989 fiel nicht weit von hier die Berliner Mauer. Das Ende der DDR war besiegelt. Die innerdeutsche Grenze mit all ihren Schikanen war auf einmal weg. Hunderttausende strömten von Ost nach West und feierten das Ereignis der Maueröffnung. Bilder gingen um die Welt, die wir nie vergessen werden.

 

Heute veranstalten wir im Ostteil Berlins in der Nähe von Gendarmenmarkt und Hedwigskirche wie selbstverständlich unseren Kommunalkongress. Wir diskutieren über die Gestaltung der Europäischen Union. Wir reden dabei über ein Europa mit weit nach Osten geöffneten Grenzen.

 

Eine Entwicklung, die deutlich macht, dass dieser Tag nicht nur für Deutschland, sondern für Europa und die ganze Welt eine Zäsur bedeutet. Noch vor 20 Jahren erschien dies unvorstellbar.

 

Meine Damen und Herren,

 

die Menschen, die aus ganz Deutschland zu unserem KPV-Bundeskongress gekommen sind, tragen als Mandatsträger in den Städten, Gemeinden und Kreisen Verantwortung. Sie sind die Säulen unserer Demokratie.

 

Ich heiße deshalb besonders die vielen kommunalen Mandatsträger, die Stadt-, Ortschafts- Gemeinde-, Kreis- und Bezirksräte, die Ortsvorsteher, Bürgermeister, Oberbürgermeister und Landräte willkommen!

 

Sie sind das Rückrat unserer Partei, auf das die Politik wenn sie erfolgreich sein will, dringend angewiesen ist. Sie legen durch Ihren Einsatz vor Ort die Grundlage für gute Wahlergebnisse im Bund und in den Ländern.

 

Durch Ihr erfolgreiches Engagement draußen in den Kommunen ist es in Berlin heute - nach der vor
2 Jahren gewonnenen Bundestagswahl - möglich, dass Deutschland nach 7 Jahren Abstinenz endlich wieder kommunalfreundlich regiert wird.

 

Ich danke allen Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern für das großartige Engagement, mit dem sie in schwierigsten Zeiten gegen so manchen populistischen Trend den Bürgerinnen und Bürgern tagtäglich Rede und Antwort stehen und für die Union den Kopf hinhalten.

 

Diskussionen um die Schließung von Schwimmbädern, Büchereien oder Musikschulen sind nicht vergnügungssteuerpflichtig und in vielen Kommunen noch lange nicht überwunden.

 

Demokratie hat nur eine Chance, wenn es immer wieder hervorragende Persönlichkeiten gibt, die sich für das Gemeinwohl einsetzen. Sie dürfen dann aber auch nicht allein gelassen werden.

 

Ich kann Ihnen versichern, wir werden auch in Zukunft in unserer KPV und in der CDU/CSU Bundestags-fraktion dafür arbeiten und kämpfen, dass sich die Rahmenbedingungen für die Städte, Gemeinden und Kreise weiter verbessern.

 

Stellvertretend für die vielen Gäste und Parteifreunde, die unseren Kommunalkongress besuchen, begrüße ich den CDU-Fraktionsvorsitzenden im Berliner Abgeordnetenhaus unseren Freund Friedbert Pflüger.

 

Liebe Freunde, unser Ziel muss sein, dass es den Städten, Gemeinden und Landkreisen gut geht, dann geht es auch den meisten Bürgerinnen und Bürgern gut.

 

Im Bund und in den Ländern müssen die richtigen Rahmenbedingungen gesetzt werden. Nach 2 Jahren Regierungsverantwortung von Angela Merkel als Bundeskanzlerin geht es Deutschland erheblich besser. Wir sind wieder da. Und wir sind auf einem sehr guten Weg.

 

Unser Land steht besser da, als die meisten vor zwei Jahren geglaubt haben. Das gilt auch für die Kommunen. Sie haben endlich wieder Luft zum Atmen.

 

Wir wissen, die Wegstrecke, die wir uns vorgenommen haben, ist noch nicht zurückgelegt. Wir dürfen den eingeschlagenen Weg jetzt nicht verlassen, denn es gibt noch viel zu tun.

 

Verehrte Gäste,
meine Damen und Herren,

 

der SPD-Parteitag hat seine Spuren hinterlassen. Insofern befinden wir uns in diesen Tagen in einer wichtigen Phase dieser Legislaturperiode.

 

Die Bundeskanzlerin hat am Montag im CDU-Bundesvorstand gesagt: "Nicht alles, was in Deutschland gut ankommt, ist gut für Deutschland." Dieser Satz macht deutlich, vor welchen politischen Herausforderungen wir stehen.

 

Gerade weil sich die SPD in einer Schwächephase befindet und in ihrer inneren Zerrissenheit nicht richtig weiß, was sie wirklich will, müssen wir als Union klaren Kurs halten.

 

Doch zurück zu unserem Thema "Mit starken Kommunen zu einem starken Europa":

 

In Lissabon ist es vor wenigen Wochen gelungen, im Reformvertrag der Europäischen Union die kommunale Selbstverwaltung festzuschreiben. Ein Ziel, für das wir in der Kommunalpolitischen Vereinigung von CDU und CSU seit vielen Jahren auf allen politischen Ebenen gekämpft haben.

 

Unsere Bundeskanzlerin Frau Dr. Angela Merkel hat uns in diesem Anliegen von Anfang an uneingeschränkt unterstützt.

 

Nach dem Scheitern des Verfassungsvertrages in Frankreich und den Niederlanden stellte Angela Merkel durch ihr persönliches Engagement im ersten Halbjahr 2007 während der deutschen Ratspräsidentschaft die maßgeblichen Weichen.

 

Deshalb auch an dieser Stelle ein ganz besonderes Dankeschön der kommunalen Familie von CDU und CSU an unsere Parteivorsitzende und Bundeskanzlerin, Frau Dr. Angela Merkel.

 

Die Verankerung des Subsidiaritätsgedanken im EU-Vertrag bedeutet eine entscheidende Stärkung der kommunalen Ebene. Maßgeblich für den Erfolg ist jedoch, dass das Subsidiaritätsprinzip durch eine klare Kompetenzzuordung mit Leben gefüllt wird.

 

Liebe Freunde,

 

gestatten Sie mir auch ein kritische Bemerkungen:

 

Wir sind für ein starkes Europa, für ein Europa mit starken Nationen und starken Kommunen. Wir wollen, dass sich die Europäische Union auf die großen politischen Aufgaben konzentriert.

 

Politikbereiche, bei denen eine europäische Regulierung eher hinderlich ist, sollte ganz bewusst den Mitgliedsstaaten, ihren Regionen und ihren Kommunen überlassen werden. Die Bürgermeister und ihre Gemeinderäte vor Ort wissen am besten, was für ihre Gemeinde, für ihre Stadt gut ist.

 

Deshalb sollten alle Entscheidungen, die auf der untersten kommunalen Ebene getroffen werden können auch von den dort Verantwortlichen entschieden werden.

 

Der Weg bis zur Ratifizierung und Rechtskraft des Reformvertrages der Europäischen Union ist lang. Da fließt noch viel Wasser den Rhein runter, wie wir im Badischen sagen.

 

Vor diesem Hintergrund haben wir im Deutschen Bundestag vor einem Jahr eine Vereinbarung mit der Bundesregierung beschlossen, nach der das Parlament sehr früh in die von Brüssel beabsichtigten Entwicklungen eingebunden wird. So können Eingriffe der EU-Kommission in die kommunale Selbstverwaltung wesentlich früher als bisher erkannt werden.

 

Durch dieses Frühwarnsystem sind wir in der Lage Abwehrmechanismen gegen aus unserer Sicht überflüssige europäische Verordnungen und EU-Richtlinien zu entwickeln.

 

Zusätzlich hat die CDU/CSU-Bundstagsfraktion vor wenigen Monaten in Brüssel ein mit qualifizierten Mitarbeitern besetztes Büro eingerichtet.

 

Wir wollen so erreichen, dass wir bereits im Vorfeld informiert werden, wenn unnötige Einschränkungen lokaler Handlungsfreiheit entstehen.

 

Wir haben in Deutschland nicht zu wenig sondern zu viele Vorschriften. Gängelung und unnötige Bürokratie bremsen ohne Not die Elementarkraft unserer Städte und Gemeinden. Wir brauchen von Brüssel keine Regulierung für die Gestaltung unserer Fußgängerzonen.

 

Wir hoffen und setzen darauf, dass der frühere Bayerische Ministerpräsident Dr. Edmund Stoiber in seiner neuen Brüsseler Aufgabe hilft, dass nicht nur Bürokratie abgebaut wird sondern dass vor allem auch keine neue entsteht.

 

Meine Damen und Herren,

 

oft ist es nicht nur die Brüsseler Bürokratie. Sehr oft kommen die Vorschläge, die in unsere kommunale Selbstverwaltung eingreifen, auch aus der Mitte des Europäischen Parlaments.

 

Wenn ich nur an den gesamten Komplex der öffentlichen Daseinsvorsorge denke! Vergaberichtlinien, die Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung sind Dauerthemen, die uns in diesem Zusammenhang beschäftigen.

 

Damit kein Missverständnis entsteht:

• Wir sind offen für partnerschaftliche Lösungen.

• Wir haben auch kein Problem mit Wettbewerb, wenn er mit gleichen Waffen geführt wird und zu vernünftigen Ergebnissen führt. Ausschlaggebend ist dabei, dass die kommunalpolitisch Verantwortlichen das Heft des Handelns in der Hand haben.

• Wir sind auch für Privatisierungen von öffentlichen Leistungen, aber nicht immer und überall, vor allem nicht um jeden Preis.

 

Um es an einem Beispiel festzumachen: Wir wollen in Deutschland keine Zwangsentkommunalisierung der öffentlichen Wasserversorgung. Jede Kommune muss selbst eigenverantwortlich entscheiden können, ob sie Teile ihres kommunalen Wohnungsbestandes oder ihre Kläranlagen privatisiert oder ob sie Dritte als Partner in ihre kommunalen Versorgungsunternehmen aufnimmt.

 

In unserer Ausstellung "Wirtschaft kommunal", die wir heute Nachmittag eröffnet haben, finden sie dazu viele kompetente Gesprächspartner, die Sie gerne mit zusätzlichen Informationen aus der Sicht ihrer Unternehmen versorgen.

 

Ich danke den Kommunalen Spitzenverbänden, dem Deutschen Städtetag, dem Städte- und Gemeindbund und dem Deutschen Landkreistag für die gute Zusammenarbeit in vielen politischen Fragen, die uns gemeinsam berühren. Durch Ihre Anwesenheit bringen Sie Ihre Verbundenheit zum Ausdruck. Ich heiße Sie ebenfalls herzlich willkommen! Sie wissen, Sie sind stets gern gesehene Gäste bei der KPV.

 

Mein besonderer Gruß an diesem Abend gilt dem neuen Hauptgeschäftsführer Hans Joachim Reck vom Bundesverband kommunaler Unternehmen. Schön, dass Sie bei uns sind und ich danke für Ihr Kommen!

 

Wir arbeiten gemeinsam daran, die verschiedenen Aktivitäten der kommunalen Spitzenverbände Deutschlands auf europäischer Ebene noch stärker zu bündeln und die internationale Zusammenarbeit durch einen einheitlichen europapolitischen Auftritt in Brüssel zu stärken. Wenn das einmal geschafft ist, können wir alle nur davon partizipieren.

 

Vielleicht müssen auch wir uns als KPV innerhalb der Parteienlandschaft Europas stärker positionieren, wenn wir unsere Interessen durchsetzen wollen. Ein Thema, mit dem wir uns noch einmal selbstkritisch auseinandersetzen müssen.

 

Meine Damen und Herren,

 

es gäbe noch viel zu kommunalrelevanten europäischen Themen zu sagen, von der Energiepolitik mit Unbundling und Netzentgelte, bis zur Zukunft der Sparkassen.

 

Aber wir wollen heute Abend vor allem unseren Gast hören. Deshalb danke ich nochmals dem langjährigen Bundeskanzler unseres Nachbarlandes Österreich, Ihnen, verehrter Herr Dr. Schüssel, dafür, dass Sie heute Abend bei uns sind.

 

Aber bevor ich Sie ans Rednerpult bitte, erhält unsere Bundeskanzlerin Frau Dr. Angela Merkel das Wort.

 

Sie hat eine Einladung des amerikanischen Präsidenten auf dessen Ranch in Texas angenommen und ist – wie wir wissen – auf dem Weg nach Amerika. Dagegen konnte und wollte ich nicht konkurrieren.

 

Seien Sie alle nochmals herzlich willkommen in der großen kommunalen Familie von CDU und CSU!

 

Wir freuen uns jetzt auf das Grußwort unserer Parteivorsitzenden und Bundeskanzlerin Frau Dr. Angela Merkel.